Die Basis der Kunst?

17. Juni 2012 / Eingestellt von thw um 21:23 /

Eine Pressemitteillung der 7. Berlin Biennale

DIE 7. BERLIN BIENNALE WIRD BASISDEMOKRATISCH UMGESTALTET

Nach mehr als der Hälfte der Laufzeit der 7. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst haben die globalen Bewegungen die hierarchische Struktur der Biennale insofern infrage gestellt, als dass sie einen Schritt in Richtung Horizontalität angeregt haben. „Horizontalität“ meint die Auflockerung von Machtstrukturen weg von Führungshierarchien – Beschlüsse werden durch Gruppenkonsens gefasst.

In diesem Experiment wurden die Positionen der KuratorInnen gegenüber den Bewegungen von „Occupy Biennale“ geändert und eine Reihe von Asambleas ins Leben gerufen, in denen unter Teilnahme von AktivistInnen und MitarbeiterInnen die Arbeitsbedingungen überdacht werden sollen. Das Experiment beabsichtigt, die bestehenden kulturellen, institutionellen und wirtschaftlichen Hierarchien aufzulockern und die 7. Berlin Biennale mit ihrem Anspruch in Einklang zu bringen, Kunst vorzustellen, „die tatsächlich wirksam ist, Realität beeinflusst und einen Raum öffnet, in dem Politik stattfinden kann“ (Artur Żmijewski in der Berlin Biennale Zeitung „Act for Art“).


Das Experiment wurde von Mitgliedern der Occupy/M15-Bewegungen, die Teil der 7. Berlin Biennale sind, als Antwort auf die entmachtende Situation initiiert, die vor allem in Berlin als „Menschenzoo“ bekannt geworden ist. Eine Gruppe von internationalen AktivistInnen hat die KuratorInnen mit dem Vorschlag herausgefordert, in ihrem Konzept weiterzugehen und eine Situation zu ermöglichen, die dem von den KuratorInnen formulierten Anspruch gerecht wird, „weder kuratiert noch beaufsichtigt noch bewertet“ zu werden.

In einem öffentlichen Statement wurde gefordert, dass die 7. Berlin Biennale für eine Woche horizontal funktionieren und sich in einen Prozess ohne Führungspersonen begeben solle, der auf den öffentlichen Plätzen von Kairo, Madrid und New York entwickelt wurde. Raumbarrieren der Ausstellung sollen aufgehoben und die Verteilung des gesamten Budgets transparent gemacht werden und „Arbeitsgruppen“ sollten das Programm umgestalten, um alle Stimmen wiederzugeben. Die ehemaligen KuratorInnen und die Direktorin haben diesem Vorschlag zugestimmt, und alle MitarbeiterInnen der KW Institute for Contemporary Art sowie der Berlin Biennale wurden zu einer Asamblea eingeladen, um den Vorschlag vorzustellen und eine konkrete Weiterentwicklung zu diskutieren.

Dieses Experiment ist bewusst naiv. AktivistInnen der Bewegungen wissen, dass Horizontalität manchmal chaotisch und ineffizient ist. Die Angestellten der Berlin Biennale haben eine funktionierende Struktur geschaffen und wissen, dass die Anwesenheit bei zusätzlichen Treffen Mehraufwand bedeutet. Und KritikerInnen von allen Seiten wissen, dass Kunstinstitutionen bevorzugt mit dem Politischen spielen und die Sprache und Ästhetik von AktivistInnen fetischisieren.

Dennoch, die Hintergründe dieses Experiments sind real, und es gibt gute Gründe, es zu wagen. Das Experiment soll die institutionelle Struktur der Berlin Biennale hinterfragen. In Zeiten von europäischen und weltweiten Kürzungen öffentlicher Förderung für Kunst sowie ihrer gleichzeitig zunehmenden Ökonomisierung soll die 7. Berlin Biennale – eine größtenteils öffentlich finanzierte Kunstausstellung – als Plattform genutzt werden, um die Konzepte Horizontalität, radikale Transparenz und geteilte Arbeit zu erproben. Die ehemaligen KuratorInnen und einige MitarbeiterInnen der Berlin Biennale zeigen sich für dieses Experiment offen und engagieren sich zurzeit darin. Engagieren auch Sie sich!

Die Asambleas finden jeden Dienstag und Donnerstag um 18 Uhr in der Halle der KW Institute for Contemporary Art statt.
Die 7. Berlin Biennale findet vom 27. April bis 1. Juli 2012 statt und wird kuratiert von Artur Żmijewski zusammen mit den Assoziierten KuratorInnen Voina und Joanna Warsza.


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