Nicht übersehen und doch übersehen

27. Dezember 2008 / Eingestellt von thw um 12:42 /

"Inzwischen hält niemand mehr eine schützende Hand über sperrige und in die Zukunft weisende Ware, über Pioniere und in langsameren Zyklen entstehende Werke, um sie auf die Volatilität der Märkte vorzubereiten. Problematischer noch: Die institutionelle Förderung der Kunst hat heute auch keine besseren und einleuchtenderen, keine nachhaltigeren und fachkundigeren Kriterien parat als der Markt."

schreibt Gerrit Gohlke in einem Kommentar mit dem Titel 'Kunstmarktkrise und öffentliche Kulturförderung Risikofurcht als letzter Luxus' im Artnet. Dabei nimmt er ebenso Bezug auf das Buch von Isabelle Graw wie auf den Artikel von Catrin Lorch, auf die wir hier und hier in diesem Blog eingegangen sind. Wobei sich der Autor nicht ganz sicher ist, ob er Catrin Lorch nun rügen soll (Zitat GG: "Kunst sei ein Luxusgut, bemerkte eine eloquente Marktjournalistin zuletzt nonchalant.") oder loben (Zitat GG:"Die Marktjournalistin hat Recht. Kitsch und Tand gehen früher oder später immer.")

Zuletzt muss man allerdings Gerrit Gohlke Recht geben, denn die Korrekturmöglichkeiten des Systems Kunst und Kunstmarkt sind äußerst beengt.

"Die institutionelle Förderung der Kunst hat heute auch keine besseren und einleuchtenderen, keine nachhaltigeren und fachkundigeren Kriterien parat als der Markt. Tagespolitische Ziele der Kulturbürokratie schaffen undurchschaubare Nebenmärkte wie die soziokulturelle Nischenkunst oder einen Schwarm interdisziplinärer Akademiekunstprojekte, von denen niemand weiß, wer dazu legitimiert sein könnte, ihren Sinn und Unsinn, ihren Erfolg und ihre Verirrungen zu evaluieren. Der Staatssektor ist zur Ersatzbildungsarbeit verkommen, die abwechselnd soziale Probleme, Identitätskrisen der Wahlbürger und andere Schizophrenien der Gesellschaft heilen soll."


Ich fürchte allerdings, dass dem so bleibt, denn Kulturbürokratie ist Politik und Politik ist das Geschäft, sich mit dem Allgemeinen gemein zu machen. Für das Besondere in Werk, Person und Politik ist da kein Platz. Und wenn der Aufschwung wieder da ist, haben wir diese kritischen Bemerkungen wieder ganz schnell vergessen.

Jetzt machen wir uns erstmal auf die Suche nach soziokultureller Nischenkunst und interdisziplinären Akademiekunstprojekten...Sachdienliche Hinweise, ach, wie üblich...

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