buchstäblich oder wortwörtlich

2. Oktober 2008 / Eingestellt von thw um 14:09 /



Zur Erforschung dieses Unterschieds lädt die jüngst eröffnete Ausstellung in den Kunstwerken ein, kuratiert von Susanne Pfeffer. Schon die Einladungskarte arbeitet mit Buchstäblichkeit. Denn auf den ersten Blick vermutet man in der Ansicht einen Blick auf die Mondoberfläche (oder nicht?). Erst die Wortwörtlichkeit und ein Gang durch die Ausstellung klärt einen darüber auf, dass es sich bei dem Bild um die Ansicht einer Mauer oder einer Zellenwand handeln könnte.
So ist dann auch der Titel 'Geschlossene Gesellschaft' nicht in seiner Buchstäblichkeit zu verstehen. (Was mich irgendwie an einen Film von Luis Bunuel erinnert oder war es Visconti?) Tatsächlich handelt es sich dabei um eingeschlossene Gesellschaften, seien es die Gefangenen, Opfer der Guantanamo Bay in einem Werk von Gianni Motti, da Erbe von George Bush, die Isolationszellen von Gregor Schneider, den Gefangenen Antonio Negri oder Robert Bressons 'Un condamné à mort s'est echappé ou Le vent souffle où il veut' oder die Animationsfilme von Mirosław Kijowicz.
Und plötzlich wird einem bewusst, dass Kunst auch etwas mit Engagement und Widerstand zu tun hat und nicht nur mit 'celebrity' oder Höchstpreisen. Wird man in fünfzig Jahren noch von Damien Hirst reden wie man heute von Robert Bresson spricht?
Und ganz nebenbei zeigt sich die Kunst in einer Medienvielfalt, die nicht aufgesetzt wirkt, sondern dem Inhalt entspricht und sei es das Konzert von Johnny Cash in San Quentin auf youtube. San Quentin ('I hate every inch of you') und Attica (eine komplexe Arbeit von Manon de Bor) sind Begriffe, die einer jüngeren Generation wohl nicht mehr viel sagen. Insofern ist die Ausstellung auch Aufklärung und Geschichtslektion gleichzeitig. Die Ausstellung des Kunstherbsts 2008!

Keine Kommentare: