Kunstkritik in Lehrbetrieb
12. Juni 2009 / Eingestellt von thw um 17:07 /
Der Besuch an der Hochschule der Künste hatte als Grund ein Vortrag und Gespräch zum Verhältnis von Kunstkritik und Lehrbetrieb. Grundlage für den Vortrag war dieser Text:
KRITIK IM KONTEXTKunstkritik im Lehrbetrieb
Der Titel bringt eine triviale Erscheinung auf einen Begriff. Jede Kritik steht in einem Kontext, weil Kritik immer ein Objekt erforderlich macht. Das Objekt stellt von daher einen Kontext für die Kritik her. Das Objekt der Kunstkritik ist die Kunst in Form einer Ausstellung, eines Objekts oder eines Werkes. Über die Funktion 'Autor' lässt sich eine Verbindung zwischen dem Produzenten des Textes und dem Produzenten des Werkes herstellen.
Zu fragen ist, wie und in welcher Form Kunstkritik im Lehrbetrieb in einer Akademie Sinn und Bedeutung erhalten kann. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Künstler und dem Kritiker. Das ist auf den ersten Blick trivial, aber es ist offensichtlich dass der Kritiker auf den Künstler angewiesen ist. Wieweit ist der Künstler auf den Kritiker angewiesen? Um diese Frage zu beantworten, muss unterschieden werden zwischen unterschiedlichen Bereichen der Präsentation von Kunst. Die Präsentation in einem Atelier geschieht in einem weitgehend privaten Raum und dieser Raum ist kein Ort der Darstellung. Erst die Galerie oder ein anderer institutionalisierter Raum der Präsentation bietet die Möglichkeit der Darstellung. Dieser Darstellung im Raum folgt die Darstellung im Text. Während im Objekt von einer Formfindung zu sprechen, kann im Text von einer Wortfindung ausgegangen werden.
Diese Wortfindung ist auch ein wesentlicher Teil der künstlerischen Existenz, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick erkenntlich ist. Aber die Distribution des Werkes ist immer auch auf die Vermittlung angewiesen. Im Atelier übernimmt diese Vermittlung der Künstler, die Künstlerin selbst. Er oder sie kann dabei auf schon vorhandene 'Formeln' zurückgreifen oder neue Begriffe und Formeln entwickeln. Dies kann geschehen im Rückgriff auf ein kunstkritisches Vokabular. Dem Anspruch auf etwas Neues aber kann dieser Rückgriff nicht Stand halten. Tatsächlich ist ein eigenes Vokabular an dieser Stelle von Bedeutung.
Auch deswegen, weil das Vokabular der Kunstkritik sich ebenfalls in engen Grenzen entwickelt. Der Kunstkritiker steht dabei als journalistischer Vermittler unter Beobachtung der Redaktion, der Leser und des Markts. Nicht zu vergessen sind dabei die Produzenten sowie deren Vermittler an den Akademien. Schließlich ist eine kunstjournalistischer Diskurs ein anderer als der Kunstgeschichte.
Wer übersetzt auf welche Weise in welchem Medium die bildende Kunst in das vermittelnde Wort? Dabei sind Stereotypen und Floskeln nur selten zu umgehen. Die Begegnung mit dem Kunstwerk, vollendet oder im Entstehen, kann dabei kathartische Bedeutung gewinnen. Fehlen die Worte? Geht die Wahrnehmung fehl? Findet das Bild im Kopf keine Entsprechung im physikalischen Raum? Derartige Momente der Karthasis aber sind selten. Vielleicht sollten wir derartige Momente künstlich induzieren, der Künstler für den Kritiker, der Kritiker für den Künstler, außerhalb jeder Öffentlichkeit.
Lassen sich in der Formfindung auch Einflüsse für die Wortfindung feststellen? Hat die Wortfindung Einfluss auf die Formfindung? Das meint die Tatsache, dass die Präsentation als Darstellung des Werkes schon von vornherein die Vermittlung auf unterschiedlichen Ebenen beinhaltet. Wer ist davon frei, die Medialität des Werkes außer Acht zu lassen. Welche Strategien der Vermittlung sind noch anwendbar? Wer den Markt in Betracht zieht, muss auch deren Vermittlungsstrategien nutzen. Wieweit übernimmt der akademische Diskurs die Sprechweisen der Kunstkritik und umgekehrt?
Welche Unabhängigkeit kann dieser Diskurs noch behaupten, wenn die bildende Kunst sich noch als autonom geben will. Oder sind das schon die Gespenster von heute, die doch immer wieder kehren wollen?
05/2009
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