Bunte Spiegel

21. Januar 2007 / Eingestellt von thw um 14:55 /

Wenn der Spiegel sich der zeitgenössischen Kunst zuwendet, dann mag man von Feuilleton nicht mehr reden. Dieses Feld berühren dann mal zufälligerweise die Besprechungen, aber die Interviews mit zeitgenössichen Künstlern bewegen sich auf dem Niveau von Bunte und Gala.
So auch bei dem Gespräch mit Andreas Gursky anlässlich seiner Ausstellung im Münchner Haus der Kunst im SPIEGEL Nr. 4 vom 22.1.07 auf den Seiten 152 bis 154, geführt von Susanne Beyer und Ulrike Knöfel.
Der kurze Einleitungstext zum Gespräch ist die Kopie der Pressemitteilung des Hause der Kunst. Schon die erste Frage lässt das Niveau deutlich werden, auf dem man dann im Fortlauf des Gesprächs immer wieder herunter kommt. Wir zitieren:

SPIEGEL: Herr Gursky, Sie leben und arbeiten in museumsähnlichen Räumen, die von den Stararchitekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron entworfen wurden, den Gestaltern von Gebäuden wie der Londoner Tate Modern. Legen Sie Wert auf Statussymbole?

Die richtige Antwort auf diese Frage wäre wohl: Ich nicht, aber offensichtlich sie.
Wer den Hintergrund Herzog & de Meuron kennt, weiss, dass zumindest einer von ihnen als Künstler begonnen hat und Jean-Christophe Amman ihm geraten hat, Architekt zu werden. Für Rémy Zaugg haben sie ebenfalls ein Ateliergebäude geschaffen und ihre Bauten für private Kunstsammlungen lassen sich in diversen Katalogen finden. Es ist also keine Frage des Status, sondern eine der Kenntnis: Was braucht ein Atelier an Licht, Raum, Deckenhöhe etc.pp.

Die nächste Frage hält das Niveau oder unterschreitet es noch:
SPIEGEL: Für Sammler sind Ihre Bilder Prestigeobjekte. Auf Auktionen werden dafür über zwei Millionen Dollar gezahlt.
Und die Antwort von Andreas Gursky sollten sich Susanne Beyer und Ulrike Knöfel zu Herzen nehmen, für das nächste Künstlergespräch.
Gursky: Alle reden über Kunst nur noch als Marktphänomen. Ich will mir darüber nicht auch noch den Kopf zerbrechen. Sie müssen es einem Künstler nachsehen, wenn er selbst lieber über Inhalte spricht.

Worüber also wollen dann Frau Beyer und Frau Lorch sprechen?
SPIEGEL: Die Preise, die erzielt werden, gelten als Gradmesser des Erfolgs.
Vor allem auch deshalb, weil Frau Beyer und Frau Knöfel so insistierend darauf bestehen. Das nennt man dann wohl eine 'self-fulfilling prophecy'. Die Antwort von
Gursky:Verrückt, oder?

Die Antwort hätte er auch auf jene Bemerkung, Frage geben können, die weiter unten im Text auftaucht.
SPIEGEL: Sie drücken auf die Löschtaste und lassen einfach so ein potentielles Millionenmotiv verschwinden?

An dieser Stelle muss einem der Künstler leid tun, der mit derartig dummdreisten Fragen malträtiert wird. Sind die Interviewer einfach nur betriebsblind oder wirklich so naiv ? Nur ein begrenztes Angebot führt zu Wertsteigerung. Wer zuviel auf den Markt wirft, sorgt dafür, dass die Preise sinken.

Enden wir mit einem klugen Hinweis von
Gursky: Ich war kürzlich in einer Caravaggio-Schau, und da ist mir aufgefallen, dass ich unbewusst eine ähnliche Art der Lichtführung eigesetzt habe wie der Barockmaler.

Eine Künstlerfreundin berichtete vor kurzem, dass Kollegen davon sprachen, dass Gursky durchgeknallt sei. Besser durchgeknallt als Bunte Spiegel.

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