Kunst im Kugelfang

26. Juli 2008 / Eingestellt von thw um 09:42 /





Thematische Ausstellungen mit den Mitteln der Kunst leiden zumeist darunter, dass das Thema doch schon ausgelutscht ist.

Das kann man von der Ausstellung mit dem Titel 'Jagd und Kugelfang' nicht behaupten, konzipiert und kuratiert von Peter Lang in der Galerie Spesshardt & Klein.

Dazu wird der folgende Text veröffentlicht:

„Früher begann der Tag mit einem Fangschuss“, so etwas abgewandelt die Worte von Matthias Baader Holst, dem viel zu früh verstorbenen Krawallpoeten der untergehenden DDR. In der Ausstellung wird neben einer Fotografie von den ersten deutschen Raketenjägern in einer romantischen Nachtaufnahme (Martin Dammann) und einem malerischen Kugelfang aus Beirut (Eva-Maria Wilde), der einen narbengesichtigen, vollkommen zerschossenen Neubau darstellt, die Jagd als Abstraktum thematisiert. Dem Grimm’schen Wörterbuch in 24 Bänden ist als erste Erläuterung des Wortes Jagd zu entnehmen, dass es die Verfolgung von Feinden beschreibt. Dann erst kommt die Wortverwendung für die Tätigkeit der Verfolgung und Erlegung von Tieren. Der Kugelfang hat eine weitergehende Bedeutung, die sich nicht bei Grimms findet. Im Sprachgebrauch bezeichnet er nicht nur einen Sandwall auf einer Schießbahn oder den Blechkasten auf Rummelbuden, wo man mit dem Luftgewehr auf Plastikblumen schießt, sondern im militärischen Zusammenhang auch das Feuer aufhaltende, ablenkende Objekte wie Gebäude in Städten oder - im schlimmsten Fall der Verwendung - den Einsatz eigener Truppen zum Binden des gegnerischen Feuers. Vor der kommenden Jagdsaison ist eine Gruppe von Künstlern eingeladen, ihren Blick auf diese Dinge in unterschiedlichen Medien darzustellen. Es sind Zeichnungen, Fotografien, Videos, Skulpturen und Installationen entstanden - zum Großteil extra für diese Ausstellung. Da sind die verfetteten Jäger von Strandgut (Christine de la Garenne), subkulturelle Bauernarchitekten als Taubenjäger aus Frankreich (Roland Fuhrmann), die Fliege, die den Jäger immer begleitet – egal, ob nun Menschen- oder Tierjagd auf dem Tagesplan steht (Via Lewandowsky). Nicht unwesentlich wurde der Kurator bei der Vorbereitung von zwei Filmen verfolgt: „Hasenjagd“ erzählt von der Jagd der Linzer Landbevölkerung unter Anleitung der SS auf russische Offiziere, von denen nach einem Lagerausbruch von 500 nur 9 den Krieg überlebten. „Das Millionenspiel“ ist eine fiktive Fernsehshow aus den 70er Jahren, in denen freiwillige Jäger und Gejagte sich für eine Million Mark zur Verfügung stellen, mit einkalkulierten Todesfolgen für den Gejagten. Am Eingang der Galerie begrüßt den Besucher der Blick in die Mündung eines gestrechten Gewehrlaufes (Ralf Ziervogel). Schusswunden müssen allerdings nicht erwartet werden. Die Jagd zieht durch den Kopf und statt politischer Korrektheit darf mit hintergründiger Ironie gerechnet werden.


Und ich dachte immer der Satz 'Früher begann der Tag mit einer Schusswunde' stammt von Wolf Wondratschek. Schon was gelernt...und hier der Link zur Aufklärung.

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