Weimar ruft!

11. November 2007 / Eingestellt von thw um 11:19 /

zum 14. Internationales Atelierprogramm der ACC Galerie Weimar und der Stadt Weimar


Von der Unbestimmtheit

Ob die Natur, der Sternenhimmel, ein Buch oder unser menschliches Miteinander: Ordnung und Unordnung, Bestimmtheit und Unbestimmtheit scheinen inhärente Eigenschaften unserer Welt zu sein. Bestimmtheit widerspiegelt Gesetzmäßigkeiten und damit den Willen der Natur zur Ordnung, während ungeordnete Zustände sich der Beschreibung durch Gesetze entziehen und Unbestimmtheit vermitteln.

Diese Unbestimmtheit tritt uns wie ein Schatten aus allen Winkeln der Welt entgegen. Und obwohl sie uns, dem von zielgerichteten Aktionen und Planungen vorangetriebenen Menschen, ein Dorn im Auge ist und wir sie ausschließen möchten, gewinnt sie zunehmend an Bedeutung, weil immer mehr Wert auf Bestimmtheit gelegt wird. Je umfangreicher die Mittel sind, die in Schutzmechanismen zur Verdrängung der Unbestimmtheit investiert werden – z.B. in der Arbeitslosen- oder Gesundheitsversicherung – umso deutlicher stellen wir fest, dass dies nur mühsam gelingt.

Dennoch ist der geschickte Umgang mit der Unbestimmtheit die Grundlage für die Bewältigung heutiger und künftiger Aufgaben. Unbestimmtheit kann weder aus dem Leben getilgt noch aus dem Universum eliminiert werden. Im Gegenteil: sie mathematisch zu beschreiben und bewerten, ist Gegenstand intensivster Anstrengungen. Über Begriffe wie Angst oder Freiheit wirkt sich Unbestimmtheit auf unseren Alltag aus. Eine Niederlage von heute kann aufgrund der Unbestimmtheit zu einem Gewinn von morgen werden. Wie in der Kunst ist in der Unbestimmtheit unsere Freiheit gefordert.

In technischen, berechenbaren Systemen herrscht eine klare Kausalität als Grundlage für Regeln und Ordnungen vor. In sozialen Gebilden hingegen verursachen einzelne Glieder (Menschen) oft nicht kausale Ereignisse, die den klassischen kausalen Ansätzen das Genick brechen, bis hin zum Zufall, der bekanntesten Form der Unbestimmtheit. Ein Politiker wird kaum für ein durch ihn eingeführtes Gesetz, das erheblichen Schaden verursacht, zur Verantwortung gezogen. Sein Leistungsvermögen misst die Öffentlichkeit eher an der Einhaltung ethischer Normen und moralischer Grundsätze.

Aber auch für die Philosophen (die Konstruktivisten: „es gibt nur eine ‚erfundene Wirklichkeit’“) und für die Künstler (ob nun die Impressionisten oder die Zufallsoperationen des John Cage) ist die Unbestimmtheit Voraussetzung und Arbeitsgrundlage. Unbestimmtheit taucht im ästhetischen Schaffensprozess wie auch in der Dokumentation des Realen auf, sie kommt im „regellosen“ Werk wie auch in der Entwicklung neuer Regeln vor.

Die Künstler/innen des 14. Internationalen Atelierprogramms der ACC Galerie Weimar und der Stadt Weimar könnten sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass der Lauf der Dinge niemals vollständig bestimmt sein wird. Sie könnten die Auswirkungen der Unbestimmtheit als ureigene, unzerstörbare Kerneigenschaft der Welt auf das Individuum und die Gesellschaft untersuchen. Oder sie könnten fragen, woher Unbestimmtheit kommt, was sie für die Kunst und das menschliche Leben bedeutet, wie man sie abbilden und welchen Nutzen man aus ihr ziehen kann: Was sie ist. Der Erfahrungsschatz mit der Unbestimmtheit mag so frei, offen und unbestimmt sein wie der Interpretationshorizont zum künstlerischen Dialog mit ihr.


DEADLINE: RÜCKANTWORT BITTE BIS FREITAG, DEN 7. DEZEMBER 2007!
(bis dahin muss Ihre Bewerbung bei uns eingegangen sein!) AN:


ACC GALERIE WEIMAR, Internationales Atelierprogramm
Burgplatz 1+2
D-99423 WEIMAR

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