Ohne Ende

14. Oktober 2007 / Eingestellt von thw um 10:25 /




Es mag tatsächlich die wichtigste Ausstellung des Jahres sein, weil sie einen Künstler wieder in den Vordergrund stellt, den man schon fast vergessen hat.Und der Hinweis auf Andre Cadere und dessen Retrospektive in der Kunsthalle Baden-Baden ist umso bedeutsamer, weil sie sich auf einem Hintergrund behaupten muss, der zumeist nur noch merkantile Oberfläche ist.

Aus der Pressemitteilung:
Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zeigt vom 27.10.2007 bis 06.01.2008 eine Retrospektive des Werks von André Cadere (1934–1978), die einen Überblick über das Schaffen des rumänischen Künstlers gibt. Seit 1996 wurde dem in Künstlerkreisen vielfältig rezipierten Cadere international keine große Ausstellung mehr ausgerichtet. So fand er bislang auch nicht bei einem breiteren Kunstpublikum die ihm gebührende Anerkennung. Die umfassende Retrospektive der Jahre 1971 bis 1978 rückt ihn als eine Schlüsselfigur der Minimal- und Konzeptkunst ins Bewusstsein.

André Cadere, der seit 1971 in Paris lebte, gehört – neben Daniel Buren, Niele Toroni, François Morellet u.a. – zu den wichtigen Protagonisten der französischen Kunstszene der 1970er Jahre. Sein Werk verbindet eine reduzierte skulpturale Formensprache mit einem konzeptionellen Ansatz, der das System des Kunstbetriebs hinterfragt – eine Kombination, die gerade in den letzten Jahren wieder von großer Bedeutung für eine jüngere Generation zeitgenössischer Künstler geworden ist. Sein früher Tod, dem eine intensive, wenn auch relativ kurze Schaffenszeit von etwa acht Jahren vorausging, sowie seine konsequente Weigerung, sich den Regeln des Kunstmarktes zu beugen, mögen Erklärungen dafür geben, dass André Caderes Werk bis heute unterschätzt wird.

Bekannt wurde Cadere in den 1970er Jahren mit seinen "Barres de bois rond", die sowohl minimalistisches Kunstobjekt wie auch Instrument künstlerischer Intervention waren. Es handelt sich dabei um Holzstäbe von unterschiedlicher Größe, die vom Künstler in Handarbeit gefertigt wurden. Sie bestehen aus bemalten zylindrischen Segmenten, deren Höhe ihrem Durchmesser entspricht und die einem mathematischen Permutationsprinzip folgend so aufgereiht sind, dass jeweils ein Fehler ihre systematische Abfolge stört.

Cadere bezeichnete seine Holzstäbe als "Peinture sans fin" – als eine "Malerei ohne Ende", die die Grenzen des Mediums neu definierte und mit tradierten Sehgewohnheiten brach. Die Form des Stabs gibt keine Orientierung vor – es gibt weder Vorne noch Hinten, Unten noch Oben. Sie eröffnet aber vielfältige Präsentationsformen: So können die Stäbe auf den Boden gelegt, an die Wand angebracht oder an diese angelehnt werden; sie können aber auch (theoretisch) von einem Ort zu einem anderen bewegt werden.

Der Aspekt der Mobilität spielt im konzeptionellen Ansatz Caderes eine wichtige Rolle: In seinen "Promenades-performances" bewegte sich der Künstler mit dem Stab in der Hand durch den Stadtraum, "besetzte" mit ihm öffentliche Orte (Straße, U-Bahn, Restaurant) und demonstrierte damit für die Präsentation seiner Kunst die weitestgehende Unabhängigkeit vom institutionellen Rahmen. Zudem nahm Cadere – geladen oder uneingeladen – auch an Vernissagen von Museums- und Galerieausstellungen teil (so z. B. 1972 an der documenta 5), um dort seine Holzstäbe auszustellen und das Publikum in eine Diskussion über seine Arbeit zu verwickeln. Seine Präsenz in der Kunstszene war subversiv. Das Integrieren bzw. Infiltrieren des Stabs in den institutionellen Kontext lenkte die Aufmerksamkeit auf Fragen der Ausgrenzung sowie der Definitionsgewalt des Kulturbetriebes – nicht zuletzt, indem diese Inszenierungen den Stab und seinen Träger / Produzenten mit Bedeutung aufluden bzw. den Künstler selbst im Sinne einer "living sculpture" zum Bestandteil des Kunstwerks werden ließen.

Im Anschluss an die Präsentation in Baden-Baden wird die Ausstellung vom 14.02. bis 25.05.2008 im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris und im Bonnefantenmuseum in Maastricht zu sehen sein.

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