Auf einem Auge blind?

6. April 2007 / Eingestellt von thw um 14:37 /



"Kommt es so, dann können Heiner Bastian und Erich Marx bleiben, wo der Pfeffer wächst.", schreibt Sebastian Preuss als Fazit unter seine Bemerkungen zum Bastian 'Fall'. Dessen deutliche Worte zum Fall lassen Bastian in einem anderen Licht erscheinen. Aber es ist mehr als gekränkte Eitelkeit, es ist der Abgesang eines Kurators, der auf dem letzten Loch pfeift, um noch einmal gehört zu werden.

Die Lösungsvorschläge aber sind schon jetzt Makulatur. Wenn André Schmitz als Paladin des Regierenden Kultursenators jetzt plötzlich die Notwendigkeit einer Kunsthalle entdeckt, dann greift er zu einem Rettungsanker, dessen Finanzierung in keiner Weise sicher gestellt ist. Und als Rettungsanker ist das Konzept einer Kunsthalle, wenn man im Moment von einem Konzept reden kann, dann doch zu teuer.

In fast allen Kommentaren wird von der Notwendigkeit der Kunsthalle gesprochen. Diese wird begründet mit dem Standort Berlins als internationale Kunstmetropole. Als Begründung aber ist das zu wenig. Nur wenige Stimmen verweisen auf die Notwendigkeit einer inhaltlichen Diskussion. Und das hiesse auch, auf die anderen Kunstinstitutionen zu gucken, seien es die Kunstvereine oder eben der Hamburger Bahnhof. Das hiesse dann den Komplex Berlin als Kultur- und Kunstmetropole, Hauptstadt, Regierungssitz und Markt und nicht zuletzt als preiswerter Wohnort in Betracht zu ziehen.

Wer diese Faktoren noch nicht einmal berücksichtigt, der kann auch keine Perspektive nach aussen entwickeln. Berlin nimmt sich mal wieder zu wichtig und übersieht andere Initiativen, die in die gleiche Richtung weisen und beispielhafte Funktion übernehmen könnten wie es die Diskussion um die 'European Kunsthalle' in Köln tut.
Das lässt sich dann nachlesen:

Eine Kunsthalle ist eine Institution Bildender Kunst, die im Gegensatz zum Museum meist keine eigene Sammlung besitzt und im Gegensatz zu Kunstvereinen nicht auf Mitgliedschaft basiert. Über diese Minimaldefinition hinaus besitzen die zahlreichen deutschen Kunsthallen jedoch sehr unterschiedliche Profile.

Die Frage nach der Neugründung einer Kunsthalle impliziert deshalb die Frage nach der konzeptionellen Profilierung einer solchen Institution, aber auch nach Parametern wie denen ihrer Finanzierung, ihrer Verortung im stadträumlichen Gefüge und in der kulturellen Textur der Stadt, ihrem Verhältnis zu anderen Institutionen bildender Kunst und dem kommunikativen Transfer zwischen Kunst und Publikum.

Angesichts radikal sich verändernder gesellschaftlicher wie ökonomischer Rahmenbedingungen gilt es darüber hinaus eine institutionelle Form zu finden, die diese Veränderungen berücksichtigt, ohne allein auf eine defizitäre Situation zu reagieren.


Am 18.10. 2006 beantwortet der Architekt Philipp Oswalt folgende Frage:
Hat die öffentliche Hand eine Verpflichtung neue Orte der Kunst zu subventionieren?
mit folgenden Worten:

Sicherlich sollte die öffentliche Hand neben vielem anderem in zeitgenössische Kunst – oder besser allgemeiner gesagt – Kultur investieren. Ob es neue Orte dafür braucht, hängt von der Situation ab (gibt es hier ein Defizit bzw. umgekehrt ein Potenzial). Und ob es für diesen neuen Ort ein überzeugendes Konzept gibt. Es gibt auch Fälle, in der sinnlos in neue Kunst investiert wird (wenn wohl auch in der Minderzahl). Besonders nervig sind Tendenzen, bei Ratlosigkeit zeitgenössische Kunst als vermeintliche sinnstiftende Ersatzreligion zum Zuge kommen zu lassen bzw. zu instrumentalisieren. Ein mehr an Kunst ist nicht per se positiv.

Mehr derartiger Antworten finden sich hier.
Und das Buch sollte man sich ebenfalls besorgen, bevor man sich weiter auf einem Diskussionsstrang bewegt, der die bloße Form der Architektur schon als Inhalt sieht.
Es ist keine Zeit mehr, ein Auge zuzudrücken. Das haben die verantwortlichen Herren schon lange genug getan.

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