Wanderungen in der Brache

14. August 2007 / Eingestellt von thw um 12:47 /



Solange es noch derartige Brachen in der Mitte Berlins gibt, ist die Stadt immer noch im Werden. Schön für die Stadt, die es sich leisten kann in ihrer Mitte zeitgenössische Kunst im sogenannten öffentlichen Raum zu zeigen, im sogenannten Skulpturenpark Berlin-Zentrum. Gut für eine Stadt, die deren Einwohnern noch die Reste des letzten Krieges zur Entdeckung freigibt. Nächstes Jahr allerdings mag man vor Ort dann schon die Baukräne sich drehen sehen. Schon jetzt, dort vor Ort, verliere ich die Orientierung, weil die gewohnten Blickachsen verloren gegangen sind und neue noch nicht memoriert werden können.Kreuzberg, Kreuzberg, wie haste Dir verändert...ruft der Alt-Neuköllner aus.



Mit dieser Karte in der Hand kommt man schnell durch dieses Land. Wir fügen sie an, damit man sich orientieren kann im normalen Stadtplan, denn vor Ort wird man von einem Sicherheitsmann geleitet. Seit 5. August ist dieser Rundgang wesentlicher Teil der Arbeit von Wiebke Grösch und Frank Metzger für den Skulpturenpark.




In der Pressemitteilung zum Projekt lässt sich lesen:

Wiebke Grösch und Frank Metzger
Neue Grenzen/New Borders, 2007

Im Monat August wird das Gelände des Skulpturenparks wochentags zu einer festen Uhrzeit von einem Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes aufgesucht und kontrolliert. Der Mitarbeiter legt dabei eine vorgegebene Strecke entlang der noch bestehenden Wege des ehemaligen Mauerstreifens und der mittlerweile auf den Brachflächen entstandenen Trampelpfade zurück.
Diese Aktion nimmt einerseits Bezug auf die Geschichte des Ortes, indem es auf die Grenzpatrouillen entlang der „Mauer“ verweist. Anderseits greift es die Frage der zunehmenden Privatisierung und Kontrolle des öffentlichen Raumes auf.
Nach dem Fall der innerdeutschen Grenze und dem Verschwinden der „Mauer“ entstanden aufgrund der Abgrenzungsbedürfnisse der Grundstücks- und ImmobilienbesitzerInnen auf dem ehemaligen Mauerstreifen eine Vielzahl neuer Grenzen. Diese werden von provisorischen Zäunen markiert, mit denen eine unbefugte Nutzung der Brachflächen unterbunden werden soll. Die nicht eingezäunten Geländepartien weisen mittlerweile Spuren unterschiedlichster Nutzungen auf. Trampelpfade ziehen sich als alternatives Fußwegenetz durch die Brachen. Spielende Kinder, pausierende Büroangestellte und HundehalterInnen haben sich das Gelände angeeignet. Diese Inseln informellen, unkontrollierten Handelns sind gesäumt von einem Gürtel akurat angelegter Bürgersteige, Baumreihen und Parkbuchten. Sie repräsentieren die öffentliche Ordnung, die, sofern sich Investoren finden, auch an diesem Ort hergestellt werden soll.
Der Sicherheitsdienst, welchen man für gewöhnlich auf Firmengeländen, in Fußgängerzonen, Einkaufszentren und Bahnhöfen antrifft, wird an einen Ort versetzt an dem es auf den ersten Blick nichts zu kontrollieren gibt. Der Sicherheitsmitarbeiter wird so zum Darsteller einer wiederkehrenden performativen Handlung und kontrolliert letztlich nur sich selbst.
Wiebke Groesch und Frank Metzger leben und arbeiten in Frankfurt am Main.
Website: http://www.groeschmetzger.de

Anwesenheit des Sicherheitsmitarbeiters auf dem Gelände:
Bis 31.8. (Mo - Fr) 12.30 - 12.45 Uhr
Kommandantenstr. & Alte-Jakob-Str. 10969 Berlin

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